"Vielleicht kann das am besten an folgendem aktuellen Beispiel deutlich werden. Wir leben nicht im klerikalen Zeitalter, wo Laien und Klerus rangen; auch nicht im staatlich-politischen, als Staatsamt und Volk um Demokratie stritten. Die freie Wachstumsstelle im Wissenschaftlichen Weltalter liegt in einem neuen Spannungspaar, nämlich zwischen Forschung und Wissen. Dieses Kampfpaar ist noch weitgehend undurchschaut.
Wir Gelehrten tarnen uns alle als Forscher, so wie der alte Klerus sich als Heilige gebärdete, um auf diese Weise die Zerreißung in hie Klerus, hie Volk hintanzuhalten. Das ändert nichts daran, daß heute die Gefahr der Erstarrung der Wissenschaften riesengroß heraufzieht.
Gelehrte sind eben tüchtig und deshalb ganz unfähig, den Umsturz ihrer Tugend zu lieben. Sie sind Wissenschaftsbeamte, und die stehen immer gegen den Amateur. Da aber freilich zur Wissenschaft offiziell Forschung gehört, so wie der Heilige Geist zur Kirche, so gibt es massenhaft Pseudoforschung, die mit dem Fortschritt der freien Forschung wettrennt; und die erstere allein wird von den amtlichen Stellen und Stiftungen gewissenhaft unterstützt, denn allein diese erscheint den Berufsbeamten der Wissenschaft unterstützungswürdig.
Solche Schadforschung handelt nach dem Grundsatz: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß.
Sie erforscht den Krebs nach den veralteten Ideen Pasteurs, als sei er die Tollwut.
Sie untersucht die Religion nach den Vorstellungen Wellhausens, aber weil sie sich bei ihrer Forschung auf alte Autorität beruft, so wird sie ausgiebig finanziert.
Solange Gelehrte und Forscher beide arm bleiben, hat die echte Forschung Aussichten. Das war bis 1900 der Fall. Heut verschlechtert sich die Prognose für die Forschung, weil die dankbaren Völker „Die Wissenschaft“ ausgiebig finanzieren. So verschiebt sich die Macht auf die Seite der Wissenden, gegen die Forschenden.
Unsere Doktorfabriken und Rockefellerstipendiaten sind dafür beredte Zeugen."
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